Standpunkte 14/2023
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
in einem beeindruckenden Plädoyer hat Bundespräsident a.D. Joachim Gauck sich dieser Tage zu den Notwendigkeiten und Sachzusammenhängen in der aktuellen Migrationsdebatte eingebracht. Er forderte ein, mit einer „neuen Entschlossenheit“ für eine europäische Migrationspolitik und wirksame Begrenzung der Migration einzutreten. Mitte dieser Woche bekundete der amtierende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anlässlich seines Italien-Besuchs in einer inhaltsähnlichen Stellungnahme, dass er Deutschland „an der Belastungsgrenze“ sehe und verwies auf die Hilferufe aus der Kommunalpolitik.
Es entspricht der deutschen Staatspraxis, dass die Staatsoberhäupter unserer Republik sich dem Grundsatz der Zurückhaltung in der tagespolitischen Debatte verpflichtet fühlen und nur in ausgewählten Fragen von übergeordneter Bedeutung ihre Einschätzung bekunden. Dieser sehr raren Erscheinung in Fragen der Tagespolitik verleiht den Worten von Bundespräsidenten erst das Gewicht und die Autorität, durch die sie in einer hervorgehobenen Weise wirken.
In der Tat werden die Belastungen in den deutschen Kommunen offenbar, wenn man die Lage analysiert. In den ersten acht Monaten dieses Jahres kamen über 200.000 Asylbewerber nach Deutschland.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Asylantragszahlen um über 77 Prozent gestiegen, ein Rückgang ist nicht absehbar. In Gesprächen mit Bürgermeistern, Schulleitungen oder Ehrenamtlichen wird mir regelmäßig gespiegelt, dass die Kapazitäten unseres Staates und der Zivilgesellschaft zunehmend an ihre Grenzen stoßen. Die CDU hat sich mit Vorschlägen zu Sofortmaßnahmen in die Debatte eingebracht. Dazu zählen Grenzkontrollen auch an den europäischen Binnengrenzen, eine erweiterte Liste sicherer Herkunftsstaaten und Rücknahmeabkommen. Was aber nicht hilft, um das Problem in den Griff zu bekommen: Markiger Populismus ohne Substanz. Jedem, der mit einer Proteststimme zugunsten der in weiten Teilen rechtsextremen AfD liebäugelt, kann ich nur empfehlen auf die Ergebnisse der Migrationspolitik in von Rechtspopulisten regierten Ländern zu schauen. In Italien unter der Regierungsführung der Fratelli d‘Italia: Höchststände bei der Neuankunft von Asylbewerbern, von denen viele durch Schlepper ihren Weg nach Lampedusa finden. In Polen unter der Regierungsführung der PiS: Ein handfester Korruptionsskandal, in dessen Mittelpunkt die rechtswidrige Vergabe von Visen in mehr als tausend Fällen steht. Populisten erzeugen durch ihre Angstrhetorik und mangelndes Regierungshandwerk lediglich neue Konflikte, ohne auch ein einziges Problem zu lösen.
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Herzlichst,
Ihr Markus Koob