Beschluss des Deutschen Bundestages über den Fortbestand der epidemischen Lage von nationaler Tragweite
Ich möchte Ihnen anlässlich des heutigen Beschlusses des Deutschen Bundestages über den Fortbestand der epidemischen Lage von nationaler Tragweite darlegen, weshalb die Verlängerung auch bei einer sich abschwächenden pandemischen Lage geboten war. Dabei gilt es in der Diskussion drei Gesichtspunkte voneinander zu trennen:
1. Das Infektionsgeschehen dauert noch an und damit die epidemische Lage
Das Infektionsschutzgesetz verlangt in § 5 Absatz 1 Satz 6 für eine epidemischen Lage von nationaler Tragweite, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht, weil
1. die Weltgesundheitsorganisation eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen hat und die Einschleppung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit in die Bundesrepublik Deutschland droht oder
2. eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht oder stattfindet.
Die WHO geht weiterhin von einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite aus. Das Infektionsgeschehen ist in den letzten Wochen erfreulicherweise deutlich zurückgegangen, doch weiterhin bestehen in mehreren Bundesländern die Voraussetzungen für eine Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite fort: Noch immer erkranken jede Woche tausende Menschen; hunderte sterben. Heute liegen noch rund 1.500 Menschen wegen COVID-19 auf den Intensivstationen.
Die pandemische Situation entspannt sich zwar. Aber die Gefahr des Corona-Virus ist noch nicht gebannt. Die neue Variante Delta (die sog. Indische Variante) tritt auch in Deutschland auf und hat in Teilen des Vereinigten Königreichs trotz hoher Impfzahlen zu einem extremen Anstieg der Fallzahlen geführt. Dabei müssen wir beachten: rund drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger sind noch nicht vollständig geimpft und haben daher keinen vollen Impfschutz.
2. Feststellung des Deutschen Bundestages ist wichtige Grundlage für zahlreiche Regelungen, die eine vierte Welle gerade verhindern sollen
Welche Bedeutung hat der Beschluss des Bundestages?
Wichtig: Unsere Feststellung des Fortbestehens einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ist die Voraussetzung für zahlreiche Verordnungen und Rechtsakte der Bundesregierung und der Landesregierungen. Sie leisten weiter unverzichtbare Beiträge bei der Bekämpfung der Pandemie.
Solche Verordnungen betreffen vor allem die Regelungen zum Infektionsschutz im Reiseverkehr (Einreisequarantäne, Testnachweispflicht bei Einreisen aus Risiko-, Hochinzidenz- und Virusvariantengebieten) und auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Homeoffice, Maskenpflicht, Gesundheitsschutz an den Arbeitsstätten).
Hinzu kommen noch Präventivmaßnahmen und bewährte Regelungen wie die zentrale Beschaffung von Produkten des medizinischen Bedarfs durch den Bund oder die Einbeziehung von Medizinstudierenden in die Versorgung ohne Nachteile für den Studienfortschritt.
Die Feststellung des Fortbestehens der epidemischen Lage durch den Deutschen Bundestag führt hingegen nicht automatisch zu einer Verlängerung der Schutzmaßnahmen der Länder zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Die Länder entscheiden über ihre Schutzmaßnahmen nach den Vorgaben der §§ 28 und 28a IfSG. Zentraler Maßstab dabei ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.
Der für Beschluss gilt längstens für drei Monate, somit also längstens bis zum 11. September 2021. Der Deutsche Bundestag kann die epidemische Lage aber jederzeit auch vorzeitig beenden.
3. Beschluss des Deutschen Bundestages hat nichts mit der Bundesnotbremse zu tun, diese läuft am 30. Juni 2021 aus
Nicht zu verwechseln ist dieser Beschluss zur Feststellung des Fortbestehens einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit der Bundesnotbremse, die sehr weitgehende Grundrechtseingriffe ab einer Inzidenz von 100 vorsieht: Diese Notbremse läuft gem. § 28b Absatz 10 IfSG zum 30. Juni 2021 aus und wird nicht verlängert.
Fazit: Das Auslaufen der Bundesnotbremse und der Beschluss des Bundestages über den Fortbestand der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sind Ausdruck unserer ausgewogenen und weitsichtigen Pandemiebekämpfung. Deshalb konnte ich dem Beschluss des Bundestages auch zustimmen.