Das Migrationspaket wurde verabschiedet
Der Deutsche Bundestag hat heute über ein außergewöhnlich umfangreiches Gesetzeswerk zur Fachkräftegewinnung, Migration und Asyl Beschluss gefasst. Mit insgesamt acht Einzelgesetzen, wovon wir sieben heute verabschieden, setzen wir eines der zentralen Reformvorhaben in dieser Legislaturperiode um und werden mit Blick auf unser Ziel, Migration zu steuern, zu ordnen und in ihrem illegalen Teil klar zu begrenzen, einen großen Schritt nach vorne machen.
Bei den parlamentarischen Beratungen des Gesetzespakets haben wir uns von der Erkenntnis leiten lassen, dass die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland in entscheidendem Maße davon abhängt, wie gut es uns gelingen wird, unsere Fachkräftebasis zu sichern und zu erweitern. Als Union ist uns dabei wichtig, dass die Fachkräftegewinnung aus Drittstaaten immer nur eine von drei Säulen einer umfassenden Fachkräftestrategie ist; vorrangig bleibt die Aktivierung des inländischen Potentials und die Fachkräftegewinnung aus der EU.
Für die Gewinnung von akademischen Fachkräften aus Drittstaaten verfügt Deutschland bereits heute über einen offenen und von internationalen Experten auch als solchen anerkannten Rechtsrahmen. Mit dem „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ beziehen wir in diesen Rahmen nun auch Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung ein. In den Verhandlungen haben wir darauf geachtet, dass zwischen der Fachkräftegewinnung für den deutschen Arbeitsmarkt und unseren humanitären Verpflichtungen klar unterschieden wird, auch um keine Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu setzen.
Zudem darf bei aller guten Gesetzgebung nicht außer Acht gelassen werden, dass wir im Ergebnis nur dann mehr Fachkräfte aus Drittstaaten gewinnen können, wenn wir den neuen Rechtsrahmen auch durch substantielle untergesetzliche Maßnahmen, insbesondere eine Stärkung der Administration und Verbesserung der Verfahrensabläufe, flankieren.
Zu einer überzeugenden Migrationsgesetzgebung gehört für uns nicht allein die Gewinnung von Fachkräften, sondern auch zwingend die klare Begrenzung der illegalen Migration, die nur bei konsequenter Durchsetzung von bestehenden Ausreisepflichten denkbar ist. Ende 2018 waren in Deutschland rund 240.000 Personen vollziehbar ausreisepflichtig und zusätzlich rund 280.000 Klagen gegen ablehnende Asylentscheidungen des BAMF anhängig, die in der ganz großen Mehrzahl erfolglos sein werden. Deshalb schärfen wir mit Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft die Instrumente, um die Ausreise abgelehnter Asylbewerber wirksam durchzusetzen. Wir erhöhen den Druck auf Identitätstäuscher sowie Mitwirkungsverweigerer und kürzen Leistungen für Migranten, die in einem anderen EU-Staat Asyl beantragt haben oder dort als schutzbedürftig anerkannt worden sind.
Erst aus der Verbindung beider Vorhaben, für die das „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ und das „Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ stehen, resultiert ein stimmiger Ansatz in der Migrationspolitik: Wir ermöglichen die Gewinnung ausländischer Fachkräfte, die wir für den boomenden deutschen Arbeitsmarkt dringend brauchen, und wir setzen die Ausreisepflicht derer durch, die kein Bleiberecht haben und deshalb unser Land wieder verlassen müssen. Nur so ergibt sich eine ganzheitliche Strategie, mit der Migration geordnet, gesteuert und in ihrem illegalen Teil begrenzt werden kann.
Das sind die wesentlichen Inhalte der einzelnen Gesetze:
Geordnete-Rückkehr-Gesetz (Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht)
Ausreisepflichtige Ausländer, die ihre Abschiebung selbst verhindern, erhalten künftig eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“; Sanktionen: Wohnsitzauflage, Erwerbstätigkeitsverbot, keine Berücksichtigung der Duldungszeiten im Rahmen der Bleiberechte;
Ausweitung Vorbereitungshaft und Abschiebungshaft;
Einführung einer sog. Mitwirkungshaft für den Fall, dass Ausreisepflichtige Anordnungen zur Mitwirkung bei der Identitätsklärung nicht Folge leisten;
Vorübergehende Unterbringung (getrennt von Strafgefangenen) in JVAs möglich (Vorübergehende Aussetzung Trennungsgebot), bis Länder Abschiebungshaftplätze aufgebaut haben;
Absenkung der Schwellen für Ausweisungen insbes. bei kriminellen Ausländern;
Verhinderung von Sekundärmigration innerhalb der EU: Streichung und Absenkung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Folgende Änderungen haben wir durchgesetzt:
Aufbau eines effektiven Instruments gegen das Untertauchen: Deutliche Absenkung der Voraussetzungen für den Ausreisegewahrsam und erstmals Möglichkeit der vorläufigen Ingewahrsamnahme;
Erstmals bundesweites Recht zu Betreten/Durchsuchung von Wohnungen zur Suche nach Abzuschiebenden (weiter gehende Regelungen in BY/BW bleiben unberührt);
Mehr Härte gegen Identitätstäuscher und Mitwirkungsverweigerer: Nachschärfung der „Duldung mit ungeklärter Identität“ (DUI): Arbeitsverbot auch bei Widerspruch oder Klage gegen DUI; Folgen einer Heilung nur für die Zukunft; Glaubhaftmachung, dass alles Zumutbare zur Passbeschaffung getan, durch eidesstattliche Versicherung nur auf Aufforderung der Ausländerbehörde;
Grundsätzlich zentrale Unterbringung von Asylsuchenden: Verlängerung von zzt. 6 auf bis zu 18 Monate (Familien: bis 6 Monate); Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, Mitwirkungsverweigerer und Identitätstäuscher auch darüber hinaus (Ausnahme: Kinder);
Gesetzliche Verankerung der Asylverfahrensberatung (allgemein: BAMF; individuell: BAMF und Wohlfahrtsverbände).
Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Deutliche Ausweitung der Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung: Beschränkung auf Mangelberufe und Vorrangprüfung entfallen, erstmals Möglichkeit zur 6-monatigen Arbeitsplatzsuche für beruflich Qualifizierte in Deutschland;
Verbesserte Möglichkeiten zum Aufenthalt für Qualifizierungsmaßnahmen mit Ziel Anerkennung beruflicher Qualifikationen;
Besondere Zuwanderungsmöglichkeit für IT-Spezialisten ohne formalen Abschluss;
Verfahrensvereinfachungen, insbes. Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden und Einführung eines beschleunigten Verfahrens für Fachkräfte.
Folgende Änderungen haben wir erreicht:
Keine Zuwanderung in die Grundsicherungssysteme: Personen Ü45 müssen Mindestgehalt (55% Beitragsbemessungsgrenze allg. Rentenversicherung) oder sonstige angemessene Altersversorgung nachweisen;
Absenkung der Anforderungen für IT-Kräfte ohne formalen Abschluss (nur 3 Jahre einschlägige Berufserfahrung bei moderatem Mindestgehalt - 60% Beitragsbemessungsgrenze allg. Rentenversicherung);
Längere Frist für Arbeitgeber, Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu melden (von 2 auf 4 Wochen);
Ausweitung Ausbildungsplatzsuche auf Personen mit Hochschulzugangsberechtigung im Herkunftsland.
Ausbildungs- und Beschäftigungsduldungsgesetz
Ausbildungsduldung (sog. 3+2-Regelung): Erweiterung auf staatlich anerkannte oder vergleichbar geregelte Assistenz- und Helferberufe; Voraussetzungen werden konkretisiert, um eine bundeseinheitliche Anwendungspraxis zu erreichen, und in sicherheits-und migrationspolitischer Hinsicht angepasst;
Beschäftigungsduldung: Neue Langzeitduldung für gut integrierte Geduldete unter hohen Voraussetzungen (u. a. mind. 18 Monate sozialversicherungspflichtige Beschäftigung; selbständige Sicherung des Lebensunterhalts) und ihre Kernfamilie; nach 30 Monaten legales Aufenthaltsrecht möglich.
Folgende Änderungen haben wir erreicht:
Verhinderung von Fehlanreizen: Beschränkung der Beschäftigungsduldung auf reine Altfälle: nur bei Einreise vor dem 1.8.2018; dafür Erteilungen bis zum 31.12.2023 [bisher: 1.7.2022] möglich;
Keine Ausbildungs-/Beschäftigungsduldung für kriminelle Ausländer oder Gefährder;
Aussetzung des Verfahrens zur Erteilung einer Ausbildungsduldung bei öffentlicher Klageerhebung wegen einer Straftat;
Verkürzung der Vorduldungszeit bei der Ausbildungsduldung von 6 auf 3 Monate.
Gesetz zur Entfristung des Integrationsgesetzes
Entfristung der Wohnsitzauflage für anerkannte Schutzberechtigte (Verhinderung Segregation).
Drittes Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (politisch geeint, 2./3. Lesung am 27./28. Juni)
Entzug der dt. Staatsangehörigkeit bei Terrorkämpfern mit Doppelpass.
Folgende Änderungen haben wir erreicht:
Ausschluss von in Mehrehe lebenden Personen von der Einbürgerung;
Einbürgerung nur, wenn Identität und Staatsangehörigkeit restlos geklärt sind;
Verlängerung der Rücknahmefrist bei erschlichenen Einbürgerungen von 5 auf 10 Jahre.
Zweites Datenaustauschverbesserungsgesetz
Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des AZR (u.a. Erlaubnis zur Nutzung der AZR-Nummer eines Ausländers als eindeutiges Zuordnungsmerkmal v.a. beim Datenaustausch zwischen Behörden – bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer Daueraufenthaltserlaubnis);
Verstärkte Nutzung des AZR im Bereich freiwillige Ausreise/Abschiebungen;
erweiterte Registrierungsbefugnisse der Bundespolizei (auch außerhalb des 30 km-Grenzraums);
verbesserte Vorschriften zur frühzeitigen Registrierung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (zu deren eigenem Schutz).
Änderungen:
geringfügige v.a. technische Änderungen.
Drittes Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes
Anpassung der Leistungen entsprechend Vorgaben des BVerfG;
Aber: in Summe keine wesentliche Erhöhung der Geldleistungen, da Kosten für Strom und Wohnungsinstandhaltung, die als Sachleistung gewährt werden, gekürzt werden und geringere Bedarfsstufe für in Sammelunterkünften untergebrachte erwachsene Leistungsberechtigte eingeführt wird;
Schließung einer „Förderlücke“ für Asylbewerber und Geduldete, die eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren;
Anreiz zur Aufnahme ehrenamtlicher Tätigkeiten durch Freibetragsregelung.
Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz
Zugang zur Ausbildungsförderung für Ausländer künftig weitgehend unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status;
Ausweitung des Zugangs zu Integrationskursen und berufsbezogenen Sprachkursen für Asylbewerber (nach 9 Monaten, ungeachtet der Bleibeperspektive); Zugang zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung für Geduldete nach sechs Monaten.
Folgende Änderungen haben wir erreicht:
Aufwertung des Asylbescheides, Ausschluss von Fehlanreizen durch Einführung eines Stichtags: Bei Einreise vor 1.8.2019 Zugang (kann- Regelung) zu Integrationskursen/berufsbezogenen Sprachkursen 3 Monate nach Asylantragstellung für arbeitsmarktnahe (Ausnahme: erziehungspflichtige Eltern) Asylbewerber; bei Einreise nach dem 1.8.2019 gilt: Entscheidend ist der BAMF-Bescheid. Es bleibt bei der derzeitigen Rechtslage: Zugang nur für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive (= durchschnittliche Anerkennungsquote > 50 %; zzt.: Syrien und Eritrea);
Absenkung der Vorduldungs-/Vorgestattungszeit bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen/Assistierter Ausbildung von 15 auf 3 Monate, aber nur vor Stichtag 1.8.2019.