Markus Koob MdB

Rede zur aktuellen Lage im Südsudan

Zur aktuellen Lage im Südsudan habe ich heute im Plenum gesprochen. 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Beim letzten Redner in einer Debatte kommt selten noch etwas Neues. Deshalb fange ich auch mit dem an, was uns in diesem Haus geeint hat in dieser Debatte, nämlich die ernsthafte Sorge um die Menschenrechte vor Ort, um die Hungerssituation der Menschen vor Ort, um die Extremwettersituationen, die die Menschen im Südsudan seit Jahren erleiden. Es ist unser aller Aufgabe, sich für diese Menschen einzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich schließe mich deshalb auch ausdrücklich dem Dank an unsere Soldatinnen und Soldaten vor Ort an, schließe aber auch alle zivilen Vertreter der NGOs ein, vor allem auch der NGOs - sie sind in der heutigen Debatte tatsächlich noch gar nicht erwähnt worden -, die sich um ein Relikt kümmern, das den Menschen dort vor Ort die tägliche Arbeit erschwert, nämlich das Beseitigen von Minen, von Munitionsrückständen. Ich glaube, wir sollten uns hier im Deutschen Bundestag noch einmal verstärkt anschauen, wie wir mit diesem Thema speziell in den nächsten Jahren umgehen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

So traditionell der Dank an unsere Soldatinnen und Soldaten und die NGOs - aus gutem Grund - ist, so traditionell ist meine Verwunderung über die Haltung der Linken. Sie hatten eigentlich einen guten Einstieg, was die Beschreibung der Situation vor Ort angeht. Aber als konstruktive Opposition müssen Sie mir, einem anderen Oppositionspolitiker, wirklich einmal erklären, wie man in einem - laut VN-Lagebericht - der gefährlichsten Länder der Erde komplett ohne militärischen Beistand humanitäre Hilfe leisten soll. Das ist ja eine Diskussion, die wir hier bei allen Auslandseinsätzen führen, ob das Mali ist, ob das Südsudan ist. Ich glaube, das funktioniert nicht. Aber vielleicht können Sie mir ja erklären, wie das funktionieren soll.

Vizepräsidentin Aydan Özo?uz:

Erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Vogler?

Markus Koob (CDU/CSU):

Gerne.

Kathrin Vogler (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie meine Zwischenbemerkung zulassen; aber Sie haben mich ja auch direkt angesprochen.

Ich war Ende 2010, kurz vor dem Referendum, im Südsudan. Damals war schon absehbar, wie die Entwicklung weitergehen könnte. Wir haben da mit vielen Akteuren gesprochen. Und wir haben auch Aktivistinnen und Aktivisten getroffen, die uns ganz klar gesagt haben: Hier sind die Konfliktlagen. Wenn man uns stärker unterstützen würde, zivil zu handeln, dann könnten wir sehr, sehr viel machen. - Wir haben Aktivisten der Nonviolent Peaceforce getroffen, die tatsächlich in der Situation, als die UNMISS-Truppen abgezogen wurden 2013 und in den Weihnachtsurlaub gingen, weil es zu brenzlig wurde, ihren Weihnachtsurlaub abgebrochen haben und in die Dörfer wieder reingegangen sind. Viele wichtige Hilfsorganisationen sagen uns immer wieder: Wir können da am besten arbeiten, wo das Militär am weitesten weg ist. - Das sollten Sie und das sollten auch alle anderen Fraktionen hier im Haus endlich einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Markus Koob (CDU/CSU):

Vielen Dank für die Erklärung; aber ich muss Ihnen sagen: Die reicht mir nicht. Vielleicht reden wir einfach mit unterschiedlichen Entwicklungshelfern. Die, mit denen ich rede, sagen mir - ob das Mali ist oder Südsudan -: Ohne militärische Präsenz können wir unsere Arbeit nicht machen. - Keiner von uns hier in diesem Haus ist der Meinung, dass wir nur einen militärischen Ansatz brauchen; keiner ist der Meinung, dass das Primat sein sollte. Aber dass wir in diesen Regionen komplett ohne militärische Mittel auskommen sollen, diese Meinung haben Sie in diesem Haus wirklich exklusiv für sich alleine.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich fasse als letzter Redner dieser Debatte, wie gesagt, die wesentlichen Herausforderungen zusammen - erwähnt worden sind sie alle -: Die humanitäre Lage im Südsudan ist dramatisch. Unsere Überzeugung ist es, dass wir genau aus diesem Grund nicht wegschauen dürfen, nicht sagen dürfen: „Jetzt ist der Zeitpunkt, Militär abzuziehen“, sondern dass wir uns dazu bekennen müssen, dass dieser Einsatz - der ja auch von den Soldatinnen und Soldaten vor Ort als äußerst sinnvoll erachtet wird - fortgesetzt wird, dass wir unserer Verantwortung auch gerecht werden. Als Außenpolitiker dürfen auch diesen Teil der Erde, der im Moment nicht im Fokus ist - weil andere Regionen stärker im Fokus sind -, nicht aus den Augen verlieren, sondern müssen uns weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen, auch diesen Konflikt, der tatsächlich einer der prekärsten unserer Erde ist, zu lösen.

Außerdem - das ist auch schon gesagt worden - gibt es vor Ort nach wie vor viele Probleme. Es geht hier nicht darum, sich die rosarote Brille aufzusetzen oder etwas schönzureden. Ja, die Gewalt im Südsudan ist nach wie vor extrem; wir haben es mit sexualisierter Gewalt, wir haben es mit Waffengewalt, wir haben es mit immer wieder aufflammender Gewalt zu tun. Auch dort - das ist meine Überzeugung - machen UN-Blauhelme den Unterschied. Militärische Präsenz vor Ort trägt dafür Sorge, dass diese Gewalt wenigstens eingedämmt werden kann. Auch deshalb sprechen wir uns weiterhin für eine Beteiligung an diesem Einsatz aus.

Die Arbeit des UNHCR - auch das ist meine Überzeugung - ist ohne eine militärische Schutzkomponente bei diesem Einsatz ebenfalls undenkbar; das ist ein weiteres Argument dafür, diese Mission mit unserer Unterstützung fortzusetzen.

Deshalb - das war ja heute eine seltene Einmütigkeit in diesem Haus, von den Linken einmal abgesehen - spricht alles dafür, diesen Einsatz entsprechend zu verlängern und fortzusetzen. Das war ja heute erst die Einbringung. Aber ich darf für meine Fraktion schon ankündigen, dass wir dem Antrag der Bundesregierung für diesen Einsatz zustimmen werden. Ich freue mich auf die parlamentarische Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)