Meine Rede in der 2./3. Lesung zur Novellierung des Jugendschutzgesetzes in Bezug auf E-Inhalationsprodukte
Heute habe ich als zuständiger Berichterstatter meiner Fraktion in der 2./3. Lesung eine Rede zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas gehalten.
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Markus Koob (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich sagen - dem entsprach ja auch der Diskussionsverlauf nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs -, dass es wahrscheinlich selten einen Gesetzentwurf gab, der so auf fraktionsübergreifende Zustimmung gestoßen ist. Ich war schon etwas überrascht, als die Linke gestern im Ausschuss ihre Kritik vorgebracht hat, die sie hier heute erneuert hat. Natürlich haben Sie Recht, dass es keinen Sinn macht, dass wir mit Blick auf erwachsene Menschen E-Zigaretten in dieser Form regulieren. Aber heute geht es nun einmal darum, dass wir den Jugendschutz anpassen wollen.
Deshalb, so muss ich sagen, habe ich für Ihre Kritik an dieser Stelle wirklich kein Verständnis.
(Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Wir sind ja nicht doof! Das haben wir schon begriffen!)
- Ja, aber das kam in der Rede nicht wirklich rüber, Herr Wunderlich.
Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Na ja!)
Ich glaube, wir sind nach etwas mehr als einem Jahr Beratungen, die auch dadurch notwendig geworden sind, dass uns das Bundesverwaltungsgericht mit einem Urteil gezwungen hat, zu erkennen, dass wir hier Handlungsbedarf haben, an einem Punkt, an dem wir sagen können: Wir schließen ein Gesetzesvorhaben ab. Ich glaube, wir haben heute einen Tag, an dem wir sagen können, dass der Jugendschutz gestärkt wird. Das ist eine positive Nachricht und eine sehr gute Nachricht für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land.
Ich sage auch: Es war richtig, dass das Bundesverwaltungsgericht geurteilt hat, wie es geurteilt hat: dass nikotinhaltige Liquids keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sind, denn sie werden eben nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten vermarktet. Insofern war vorhersehbar, dass wir hier ein solches Urteil dieses Gerichts erhalten werden. Es ist auch in dieser Deutlichkeit angemessen. Denn es geht hier um höchst gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe, die als Arzneimittel zu deklarieren wären. Wir sind dabei, gerade mit dem Jugendschutz Kinder und Jugendliche vor Krankheiten zu schützen. Das gilt natürlich auch für den Bereich des Rauchens und Dampfens.
Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf ist uns eine gute und vor allem kurzfristige Antwort auf die entstandene Regelungslücke gelungen. Ich muss in dieser Rede nicht noch einmal extra darauf hinweisen, dass wir es mit Krankheiten zu tun haben, die sowohl vom Tabakkonsum als auch von E-Inhalationsprodukten ausgehen. Dass diese Krankheiten umso gravierender verlaufen, je früher mit dem Konsum der besagten Produkte begonnen wird, ist rational leicht erschließbar.
Der von uns allen sehr geschätzte Helmut Schmidt war nicht nur aufgrund seines hohen Alters und seines Intellekts eine Rarität, sondern auch wegen seines hohen Tabakkonsums. Den allermeisten Rauchern aber ist dieses Alter nicht vergönnt. Sie sterben wesentlich früher als Helmut Schmidt an verschiedenen Krebsarten, Thrombosen oder Herzinfarkten.
Damit Kinder und Jugendliche längstmöglich vor diesem Konsum geschützt werden, ändern wir heute das Jugendschutzgesetz. Wir verbieten mit diesem Gesetz das Angebot und die Abgabe von nikotinhaltigen E-Zigaretten und E-Shishas, aber auch die Abgabe von nikotinfreien E-Zigaretten und E-Shishas an Jugendliche off- und online.
Wichtig ist vor allem die Berücksichtigung nikotinfreier E-Inhalationsprodukte in diesem Gesetzentwurf; denn Nikotin ist nicht der gefährlichste Inhaltsstoff der E-Zigaretten und der E-Shishas. Die Inhalation des Aerosols nikotinfreier Zigaretten entspricht der Inhalation eines Chemiecocktails. Kurz zusammengefasst: Es befinden sich unter anderem Propylenglykol, Glyzerin, Diacetyl und Schwermetalle im Aerosol der nikotinfreien E-Inhalationsprodukte. Zwar sind Propylenglykol und Glyzerin in flüssiger bzw. fester Form nicht schädlich, inhalativ aufgenommen haben sie allerdings erhebliche Schäden der Lungen zur Folge, gerade in den noch nicht voll ausgewachsenen Lungen von Kindern und Jugendlichen.
Zweifellos hätten wir uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion bereits jetzt weiter gehende Regelungen für den Gesundheitsschutz der Kinder und Jugendlichen in unserem Land gewünscht. Wir halten es für absolut geboten - nicht nur durch die eindeutigen Aussagen der Sachverständigen -, auch Dampfsteine, Kräutermischungen, Pilze und Gele, die über konventionelle Wasserpfeifen konsumiert werden, in das Jugendschutzgesetz aufzunehmen.
Konventionelle Wasserpfeifen funktionieren ähnlich wie ihre elektronischen Schwestern. Es werden Dampfsteine, Kräutermischungen, Pilze und Gele verbrannt und deren Schadstoffe, die denen der E‑Shishas und E‑Zigaretten ähneln, inhalativ aufgenommen. Zu ihnen gehören unter anderem Kohlenmonoxid, Aldehyde, polyzyklische Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle. Wenn man daran denkt, dass eine Wasserpfeifensitzung - auch das haben uns die Sachverständigen gesagt - dem Rauch von 100 Zigaretten entspricht, bekommt man eine Vorstellung von der Brisanz nikotinfreier Produkte für Wasserpfeifen für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Angesichts eines notwendigen EU-Notifizierungsverfahrens bei einer Änderung des Gesetzentwurfs des Bundesfamilienministeriums standen wir vor der Wahl, die Beschränkung der E‑Zigaretten und E‑Shishas um weitere Monate hinauszuzögern oder aber die Beschränkung des Angebots und der Abgabe in einem zweiten Gesetzgebungsverfahren zu regeln. Es war eine schwierige Abwägung, die unsere Fraktion vorgenommen hat, da wir als CDU/CSU-Fraktion um die Gefahr, die vom Gebrauch herkömmlicher Wasserpfeifen ausgeht, wissen.
Mit der Entschließung, die wir im Ausschuss bereits verabschiedet haben, fordern die CDU/CSU- und SPD-Vertreterinnen und ‑Vertreter, umgehend ein weiteres EU-Notifizierungsverfahren für einen Gesetzentwurf, der das Angebot und die Abgabe von nikotinfreien Produkten wie Dampfsteinen, Kräutermischungen, Pilzen und Gelen für die Nutzung konventioneller Wasserpfeifen für unter 18-Jährige regelt, einzuleiten. Aus meiner Sicht ist die existierende Datenlage ausreichend, um im Jugendschutzgesetz eine solche Reglementierung für Kinder und Jugendliche vornehmen zu können.
Auch ein explizites Werbeverbot hinsichtlich E‑Inhalationsprodukten bei Filmveranstaltungen befürworten wir mit der bereits angesprochenen Entschließung.
Wir als Jugendpolitiker werden weiter kämpfen, bis auch nikotinfreie Wasserpfeifenprodukte und das erwähnte Werbeverbot bei Filmveranstaltungen Aufnahme im Jugendschutzgesetz gefunden haben und Kinder und Jugendliche angemessen geschützt werden. Die umzusetzende Tabakproduktrichtlinie geht bereits in diese Richtung.
Zigaretten, E‑Inhalationsprodukte und konventionelle Wasserpfeifen sind unabhängig vom jeweiligen Nikotingehalt Suchtmittel, die nicht in die Hände minderjähriger Personen gehören. Nach dem heutigen Stand der Forschung hat Sucht sehr viel mit dem Angewöhnen und dem Lernen von Ritualen zu tun. Durch explizit kinderfreundliche Aromen werden Kinder mit ihren Geschmäckern an die E‑Zigaretten herangeführt. Ist der Einstieg in die Sucht erst einmal bereitet und das Dampfverhalten einstudiert, ist der zu gehende Weg in Richtung Tabakzigaretten kurz und ohne große Hürden. Der Weg wurde dann bereits durch E‑Inhalationsprodukte bereitet. Die psychische Abhängigkeit ist dann dafür verantwortlich, dass den Konsumenten der Ausstieg aus dem Rauchen meist sehr schwer fällt.
Auch wenn E‑Inhalationsprodukte für bereits suchterkrankte Raucherinnen und Raucher ein Ausstiegsmodell sein können, besteht die Gefahr, dass sich dieses Ausstiegsmodell bei naturgemäß nicht zigarettenaffinen Kindern und Jugendlichen zu einem Einstiegsmodell in den dauerhaften Tabak- oder E‑Zigarettenkonsum entwickelt. Dies gilt es mit aller Vehemenz zu verhindern. Auch dafür brauchen wir diese Jugendschutzgesetznovelle und die sehr zeitnah erfolgende Erweiterung der Verbote um Dampfsteine, Kräutermischungen, Pilze und Gele, die über konventionelle Wasserpfeifen konsumiert werden.
Ich möchte meine Rede auch heute wieder, wie bereits das letzte Mal zu diesem Thema, dem Nichtraucher- oder, wenn Sie so wollen, auch dem Nichtdampferschutz widmen. Seit 2007 wurde in Deutschland auf diesem Gebiet viel erreicht. Das Aufkommen der E‑Zigaretten und E‑Shishas hat aber Maßnahmen zur Anpassung der bestehenden Nichtraucherschutzgesetze notwendig gemacht. Ihrer Verantwortung, die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren des Rauchens und Dampfens zu schützen, müssen explizit auch die Länder nachkommen.
Diesen Appell richte ich ebenfalls an die Verantwortlichen für die Einhaltung der Nichtraucherschutzgesetze. Gesetze helfen nicht, wenn sie nicht konsequent angewendet werden. Dies muss gerade bei E‑Inhalationsprodukten und Wasserpfeifen noch konsequenter geschehen. 18 Prozent der E‑Dampfer nutzen die E‑Inhalationsprodukte laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung explizit, um in Nichtraucherbereichen dampfen zu können. Das offenbart angesichts der Gesundheitsgefährdung, die von diesen Produkten für jeden Einzelnen ausgeht, Handlungsbedarf. Zwar hat jede volljährige Person in Deutschland das Recht, zu dampfen und zu rauchen - das ist Teil der individuellen Freiheit, die ich sehr begrüße -; klar muss aber sein, dass meine Freiheit als Dampfer und Raucher dort endet, wo durch mein Verhalten die Freiheit meiner nichtrauchenden Mitmenschen eingeschränkt wird.
Rauchen kann töten, Dampfen sehr wahrscheinlich auch. Es geht um Drogen, die die deutsche Gesellschaft durch Krankheit und Verringerung der Produktionsleistung jährlich Milliarden von Euro kosten. Allein 13,5 Prozent aller Todesfälle in Deutschland sind direkt auf das Rauchen zurückzuführen. Im Vergleich dazu sind nur 3,8 Prozent aller Todesfälle auf eine nicht natürliche Todesursache wie eine Verletzung, einen Unfall oder eine Vergiftung zurückzuführen. Die jährlichen direkten Kosten des Rauchens belaufen sich auf 25 Milliarden Euro.
Ein besonderes Thema, auf das ich vermehrt von Ärzten hingewiesen wurde und auf das ich hier aufmerksam machen möchte, ist das Rauchen in der Schwangerschaft. Das Rauchen in der Schwangerschaft ist bedauerlicherweise kein Randphänomen in unserer Gesellschaft. Jedes achte Kind zwischen null und sechs Jahren ist ein Opfer dieser Körperverletzung geworden. Bereits ab einer Zigarette erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Eileiterschwangerschaften, Frühgeburten, pränataler Sterblichkeit, plötzlichen Kindstoden, verringerten Geburtsgewichten und -größen und vielem mehr. Wir als Gesellschaft müssen gegensteuern und den künftigen Eltern deutlich machen, dass es keine Lappalie ist, in der Schwangerschaft zu rauchen. Zu dieser Aufklärung gehört auch das Informieren darüber, dass vom Rauchen in Autos für Kinder und Jugendliche eine sehr große Gesundheitsgefahr ausgeht, weil dort trotz offener Fenster Kinder und Jugendliche einer sehr konzentrierten Schadstoffbelastung ausgesetzt sind.
Meiner Ansicht nach sollten Präventionsmaßnahmen nicht immer gesetzlicher Natur, sondern vielmehr aufklärender Natur sein. Wir wollen keine schwer zu kontrollierenden gesetzlichen Regelungen wie in Großbritannien. Wir wollen, dass alle Eltern auf die Gesundheit ihrer Kinder achtgeben - ob zu Hause oder im Auto -, und vertrauen darauf, dass sie es nach erfolgter Aufklärung auch tun.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Herr Kollege Koob, Sie denken an die Zeit?
Markus Koob (CDU/CSU):
Jawohl.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Sie haben ja schon so viel Redezeit.
Markus Koob (CDU/CSU):
Ja. - Ich komme zum Schluss. Ich freue mich - das ist die zweite positive Nachricht in der heutigen Debatte -, dass es uns in relativ kurzer Zeit gelungen ist, die für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen so gefährliche Gesetzeslücke zu schließen. Der Weg ist mit der Verabschiedung dieses Gesetzes noch nicht zu Ende, aber er wurde von uns erfolgreich begonnen. Lassen Sie uns weitergehen.